Mittwoch, 13. Dezember 2017

ScenenScouting für das Halima Magazin #3: Tief in den Schmerz hinein atmen und genießen oder die Dehnbarkeit der Komfortzone der TänzerInnen


Auf einem der vielen Flüge fiel mir ein Artikel über das Reisen auf. Reisen als Mittel zum Verlassen der Komfortzone. Ich muss sagen funktioniert... Da ich mittlerweile alle zwei Wochen fliege und das Kofferpacken nur noch eine Stunde braucht, habe ich mich gefragt, ab wann die non-Komfortzone zur Komfortzone wird?! Hm... Und was ist mit uns aus Leidenschaft tanzenden Tänzerinnen? Ich habe meine zur Komfortzone gewordene non-Kompfortzone mal aufgezählt. Alles was mich früher stutzig und wütend gemacht hat, und ich mittlerweile als "normal" empfinde, ist, dass 
- man nicht umbedingt wissen muss, was man tut, um berühmt zu werden;
- für die Festivals und Organisatoren die Qualität und das Wissen bei der Auswahl der Lehrer nicht immer die oberste Priorität hat;
- die Ausgaben und die Einnahmen fürs Tanzen sich nicht mal annähern;
- man um die eigene Autorität kämpfen muss;
- die likes nichts zu sagen haben;
- der schnellste Weg auf DIE Bühne käuflich ist;
- es immer weniger Respekt vor der Bühne gibt;
- professionell seit neustem nicht mehr mit dem Beruf Geld verdienen heißt, sondern dass man seiner Profession schlicht nachgeht;
- man die Wahrheiten sich zurecht legt, wie es einem passt;
- man sich nur in den großen Sprüchen und oft leeren Worten an dem professionellen Showbiz orientiert statt an seiner Herangehensweise;
- und schließlich die einzige Institution, die über die eigene Professionalität oder die Unprofessionalität der anderen urteilt, das eigene Ego ist.
Ja, das alles ist schon längst zu meiner Komfortzone geworden, ob ich will oder nicht. Denn genau darin bewege ich mich, wie alle anderen auch. Zwischendurch regen wir uns alle mal auf. Aber, liebe Leute, genau so leben und tanzen wir weiter... Immer weiter... Leidend und stöhnend unter der unbegrenzten Dehnungskraft. Stellt sich nur die Frage, ob tatsächlich die der Szene oder doch der unseren?!
Und während sich die Elastizität unseres "Mitspiel" Verhaltens verbessert, wir um unsere Position in der Szene kämpfen oder diese einfach akzeptieren, wird die Mittelschicht der hierarchischen Bellydance Pyramide immer breiter. Den Weg nach oben, den gibt es mittlerweile so gut wie gar nicht. Wenn, dann nur ein paar Millimeter höher. Aber dazu müsste man sich deutlich von der Masse abheben und, das heißt, noch mehr anstrengen, noch mehr investieren - und zwar Zeit, Geld und evtl. eigene Überzeugungen sowie die Aufgabe der rosaroten Brille. Aber dazu mehr in der nächsten Ausgabe ))))

Übersetzung: Komfortzone... aufstehen vom Ameisenhaufen und gehen? Was ist, wenn es im anderen Ameisenhaufen noch schlimmer ist?? Vielleicht, wenn ich länger drauf sitze, werde ich es sogar mögen? So leben doch alle, ich bin die einzige, die was zu meckern hat. Mit der Zeit werde ich mich schon dran gewöhnen. Der Gott hat ausgehalten und uns befohlen es ihm nach zu machen. Lieber bette ich, dass die Ameisen mich nicht am Arsch beißen. Es macht Angst etwas zu verändern. Lieber Gott, hörst du mich? ICH BLEIBE HIER 
Bild: kosmonozhka



Dienstag, 15. November 2016

ScenenScouting für Halima-Magazin #2: Selbstwert - innere Geilheit oder äußere Anerkennung?!


Dieses spritzige Thema sollte wohl eher mit einem Glas Sekt als mit einer Tasse Kaffee besprochen werden... Aber im Ernst, kontinuierlich taucht die Frage nach Wertschätzung in verschiedenen Diskussionen auf. Und am eigenen Beispiel, um niemanden verlegen zu machen, startete ich ein Selbstgespräch mit meinem Tänzerin: "Habib ;), wie wertvoll bist du dir eigentlich?! Dir selbst und der Bauchtanzwelt?” Fakten belegen die Tatsachen. Auf einem Kongress arbeite ich für 52€ die Stunde, auf einem kleinen Festival oder Intensiv für 80-100€/h, auf einem renommierten Festival fast umsonst und im eigenen Studio für 20-55€/h. Dort aber regelmäßig und mit maximalem Erfolg an eigenen Schülern und maximaler Leidenschaft und regulären Blumen und Pralinen, manchmal auch Kaffee und Kuchen (das letztere ist für die Seele und die Hüften). Ok, wie es aussieht, bestimmt nicht nur die Gage den Mehrwert des eigenen Ich's... Was dann?! Mega Applaus, Selfies mit den Kunden, Katzen Augen der Kolleginnen und kneifende Sprüche über die nicht gelungene halbe Drehung in der Minute 1:32, Rauschen in der Musik oder Unfähigkeit des Lichttechnikers. Letztes Jahr machte mich das wahnsinnig und brachte zum zweiwöchigen Selbstzerstörungswahn... Und ich musste mein Selbstwertgefühl selbst steigern. Aber muss das sein?! Negative Anerkennung ist auch Anerkennung! Aber Achtung, nur auf einem gewissen Level. Auf dem Niveau, wo du einen Millimeter über DIE Schwelle bist aber noch nicht Safe... Noch nicht sicher dahinter.... dort triffst du auf die Blicke und die Kritik(?)-Sprüche. Einen Millimeter weiter und die Welt sieht schon anders aus. Es hat sich kaum was verändert, und doch ist alles anders. Plötzlich bist du geil, phänomenal und einfach Extraklasse.... Hm... Woher weißt du, wo du wann bist?! Wenn der Kollege oder die Kollegin auf der Bühne und dahinter wieder Diva und Superstar raushängt - NERVT. Dann weißt du, du musst noch deutlich an deinem inneren Selbstwert arbeiten, mit oder ohne DR. Freud, aber mit sehr viel... Was?! Was denn!? Auf diese Frage hin habe ich mir eine Brille gekauft. Mit ihr sehe ich intelligenter aus und Berlin muss sich nicht in Acht nehmen, wenn ich einen Lachanfall bekomme, denn es wird mich sicherlich in Zukunft ernster machen. Denkst du?! Dinge, die wir kaufen, haben eine unbewusste Bedeutung. Achtet mal darauf! Warum dieses Kostüm zu einer bestimmten Veranstaltung? Warum diese Schuhe zu dieser Jahreszeit? 
Und warum diese Zusage zu diesem Event? Und ist es wirklich so, dass man sich in Stundenlohn wertschätzen kann?! Beim Kongress unterrichte ich am Wochenende für fast 500€, beim Intensiv bis 800€, beim renommierten Festival für 200€ und im eigenen Studio (am Tag) für 35-60€, minus die ärgerlichen 10€ Strafe fürs Falschparken. Dennoch nehme ich alle diese Jobs an und mache sie, weil ich voller Energie und Enthusiasmus bin, die wertvoll sind - JETZT! Weil in dem Moment, in dem ich arbeite, ist meine eigene Wertschätzung. Vielleicht werde ich bis zum nächsten Jahr gelernt haben, die Diva rauszuhängen und selbst zu nerven. Oder im Publikum sitzen und just “die Show” genießen. Energie und der Wille ist das Eine. Facke, dass es Ergebnisse bringt, das Andere... Und so schwankt mein Selbstwertgefühl von Geilheit für die Arbeit zu minimaler Anerkennung als Niedrigverdiener...

PN: YES - WE CAN!!! 
Die grenzwertige Spielerei mit dem Sexapiel auf der Bühne und 
dem Superkitsch im Alltag - die Darstellungen der aktuell bekannten Tänzerinnen - Generation treiben meine Beobachtung von "über hot" zu "über not" und treffen im Durchschnitt aber auf "super geil". Strapsandeutungen beim Kostüm mit kaum Stoff bis zu Riesen Micky Mäusen auf Shirts und bunte Turnschuhe im Alltag. Von übergeschminkt bis pure natural erfreuen uns die Tänzerinnen mit (k)einem Stil der 21-Bellydance (auf der Suche nach) Individualität - Jahrhunderts. Hoch lebe das Durcheinander und Vielfältigkeit, man setze auf die Laune und die dazu (un)passende Kleidung. Und siehe an Dina posiert in der Schulmädchenuniform und gleich darunter schwingt sie in dem neuen ukrainischen Strapsen Design über die Bühne... Ob Trendsetter oder Trendfolger, Hauptsache Up to Date und mit voller Kraft voraus - gerecht nur dem eigenen Ich. 


Seit März 2016 schreibe ich für das Halima-Magazin. Den neuesten ScenenScouting findest Du in der aktuellsten Ausgabe. Ich würde mich über eure Anregungen, Kommentare und vielleicht Wunschthemen freuen, schreibt mir :)

http://www.halima-magazin.com


ScenenScouting für Halima-Magazin #1: Massentrend - Exklusivität


Mit Kaffee in der Hand und noch ziemlich freien Kopf morgens um 6:30 Uhr irgendwo in der Welt. Und zwar egal wo, solange man das virtuelle Universum des facebooks oder anderen sozialen Netzwerks betreten und das gewöhnliche, fast schon routinierte Scrollen und Abchecken der "Freunde" machen kann. Wat's up?! In der Flut an Bildern, Videos, Events, Postings in allen Sprachen bleibe ich persönlich immer wieder an gleichen KollegInnen hängen: Dessous Queen, die mittlerweile flachfüssig nicht nur den Balady und Shaaby tanzt; kritische Golden-Ära-Style-Tänzerin, die mit scharfen Sinn und fragen die Welt zu Diskussionen verleitet, frisch gebackene Mutti, die mit süßen Babyfotos Like-Rekorde bricht, eine charmante Tänzerin, die vor ihrer Cam im Wohnzimmer neue Moves vorführt.... Und paar andere Kolleginnen, die weniger markant aber konsequent mit ihrer Individualität oder Exklusivität mich auf verschieden Ebenen faszinieren. Vielleicht, weil gerade in solchen Momenten ich meist ungeschminkt, mit Dutt auf dem Kopf im Pyjama meinen Moment genieße, bevor das Chaos des Alltags wieder einbricht, mich total gewöhnlich finde und bewundere, wie exklusiv und ungewöhnlich sie sind. Ist Individualität und Exklusivität das gleiche?
Individuell ist jeder, wird man exklusiv wenn man populär wird ? Hat Stil was damit zu tun? Machen wir Trends oder die Trends uns? Ist es einem überhaupt bewusst? Ist man ein Akteur oder nur ein Produkt? Es pfeift, mein Telefon findet mich exklusiv (in jeder Verfassung ;))... Eine wat's Up von Enussah! Mit der Frage ob ich in der neuen Halima mitwirken möchte zum Thema Szenenscout, Styles, Trends... Hahaha... Ich lache - "Ich?!" Und dann so ein Thema?! In der Schein und Sein und persönliche Empfindung auf einander und ins das Scwarze treffen oder total daneben liegen. Wie ihr sieht, habe ich zugesagt und mache mich auf die Suche nach exklusiven Themen mit einem guten Mix der Normalität. Etwas zu berichten, etwas zu hinterfragen und etwas zum nachdenken zu geben. 

"Es gibt auf der Welt kein zweites Mal - Dich" Marina Zwetaeva 

PN: MIT WUNSCH ZU EXKLUSIVITÄT ZUM SICHEREN ZIEL DER MASSENFALLE

Eines DER nervigsten Trends der letzten zwei Jahre ist das reguläre Angebotfür eigenes Trommelsolo Stück oder neue arrangierten Musik in meinem PN. Modern und Exklusiv. Ab 500mit Überzeugung zu wissen, welche Dum's und Tak's mich als Tänzerin auf den Gipfel des Erfolgs bringt, hübschen Cover und Lieferung frei Haus direkt auf Rechner. Eigentlich verlockend, wenn die Zahl der Produktionen tatsächlich auch der Exklusivität entspräche. Wie exklusiv ist Massenverkauf? Wie kreativ Massenabfertigung? Und wie dreist eigentlich diejenigen, die ohne Gefragt zu werden, zu wissen glauben, was für einen das beste ist?


Seit März 2016 schreibe ich für das Halima-Magazin. Den neuesten ScenenScouting findest Du in der aktuellsten Ausgabe. Ich würde mich über eure Anregungen, Kommentare und vielleicht Wunschthemen freuen, schreibt mir :)

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Donnerstag, 17. März 2016

Тема: Артист - между инсценировкой и личностью


Интервью с Алексеем Рябошапка

Алексей, ты начал танцевать в 5 лет, был членом ансамбля и участвовал в различных конкурсах. Какие танцевальные стили являются частью твоего танцевального жизненного пути?
Привет всем! Ну, начать было совсем не сложно :Меня взяла за руку мама и привела в коллектив народного танца. А вот продолжать было намного сложнее, так как никогда не был танцором из «первой линии» и кризисы оставить все посещали меня довольно часто в «трудном возрасте». Тем более я параллельно занимался профессионально легкой атлетикой и нравилось мне это куда больше. Но, тем не менее, сложилось все как сложилось. Видать на все есть сценарий сверху. И сказать , что я этому не рад, значит-соврать.
Советская система внешкольного образования была построена особым образом, поэтому обязательную программу выполняли все коллективы независимо от направления, поэтому в моей жизни был и классический станок ( до сих пор вспоминаю как нечто ужасное ), и современная хореография, и основы бального танца, но все же основным направлением работы коллектива был характерный и народный танец.
Восточными танцами ты увлекся только в 21 год. И это было скорее "я должен это уметь", чем любовь с первого взгляда, что правда потом всё-таки переросло в большую любовь. Если бы ты смог описать восточные танцы в трех словах, какие слова ты бы выбрал?
Если бы меня попросили описать тремя словами восточный танец в начале , я бы сказал довольно стереотипно: мистика, эротика, женственность…
Сейчас мои взгляды далеки от тех наивных представлениях о восточном танце и культуре Среднего Востока… Наверное сейчас я назову : глубина, легкость, мудрость.
Возможно совсем скоро я найду другие составляющие Востока… Я только учусь.

Твои выступления излучают харизму, остроту и шарм. Насколько это представление? Или твоя личность отступает перед сценой?

Ну вот вы заставляете развеивать мифы !!!! Спасибо за комплимент в оценке моих выступлений, но в жизни я намного спокойнее и прозаичнее. Я скорее не человек сцены «с первого взгляда». Интроверт, который всю жизнь испытывает страх перед публикой, наверное получает двойную дозу приятного адреналина, выступая на сцене- это обо мне. Все что я делаю на сцене, остается на сцене. Это как вторая жизнь, вторая кожа… Это безумно интересно и было бы слишком видеть меня таким и в повседневной атмосфере



И тем самым перейдем к вопросу всех вопросов, насколько танцор себя инсценирует. Так ли это, что одевая костюм артист автоматически надевает маску?
Обязательно. Это часть артистической профессии! Это ее принцип и основа! И если ты справляешься с этим ,если тебе удается перевоплотиться в некий образ, чувства, ритм- это высшая оценка твоего творчества. Играя себя на сцене мы воспроизводим некий душевный стриптиз, а это в свою очередь ведет к тому, что танцор-артист становится артистом одного образа, амплуа, направления. Я думаю, что иного и быть не может. Все остается за кулисами: радость, отчаяние, боль, восторг… Ты выносишь на сцену лишь свой образ, эмоцию музыки, режиссуру танца, любовь к публике и страх перед ней. Заставить их поверить, почувствовать и понять твое видение и восприятие- это есть смысл танца. Не лгать, а искренне воплотиться в то, что ты создал и суметь донести до них, достучаться до их сердец- главная задача артиста на сцене.

Влияет личность на танец или танец на личность?
Мне кажется это удачный симбиоз… Они воспитывают и дополняют друг друга. В моем случае, а я довольно амбициозен, чего лукавить, танец мне помог найти себя и поверить в себя. Это в свою очередь сделало мои выступления и классы решительнее, смелее. Если говорить о влиянии культуры востока, то скорее такого открытого влияния на меня не случилось. Стал более понимать, но не более… Не восточный я человек вовсе А вот наблюдая за своими студентами, я могу с уверенностью сказать, что в их жизни это некая игра наперегонки…Танец помогает им раскрыть женственность, уверенность, сексуальность, что не может не вносить в жизнь метаморфозы. А уж их новое восприятие жизни делает танец богаче, сознательнее, «вкуснее». И все повторяется снова и снова, с определенной цикличностью. В любом случае культура танца- это строгая дисциплина и неутолимая работа над собой. И такой упорный труд не может не вносить корректировки в наше «Я»

Ethan Hawke говорит, что успех определяется не тем, чего ты достиг, а тем какие препятствия для этого надо было преодолеть. Что было твоим препятствием на пути к успеху?
Я надеюсь мой успех еще впереди, а вот насколько я буду ценить этот успех- будут определять эти самые препятствия. В любом случае мне не интересен «EASY RIDE»

Какую формулировку ты дал бы слову успех?
Ну успех артиста- это его артистическое счастье. Когда то, что ты переживаешь один, тебе удается донести до всех, оно становится востребованным и понятным. Кто-то мыслит довольно материально, а кто-то более поэтично, но для любого артиста «работа в стол» - это его артистическая смерть. Поэтому успех и есть артистическая жизнь долгая и счастливая, а о великих, так еще и вечная.

Дополни "танцевать - это ..."
Жить. Тут нельзя ответить по другому. Конечно, для каждого будет своя мотивация и определение. Но этим меня и привлекает танец. Я счастлив, потому что живу две счастливые жизни. Это некий джек пот в лотерее ;)

Что происходит внутри тебя, когда ты выходишь на сцену?
Перед сценой это мысленный хаос и безумная тревога… На сцене это растворяется. Ты полностью погружаешься в диалог с публикой. И, как в любом диалоге, это зависит уже от обоих. Новая публика- новый собеседник. Это увлекательно, интересно и всегда по-разному.

Одно предложение мотивации для всех мечтающих и тяжело над собой работающих танцовщиц и танцоров
Вернутся можно всегда, а вот дойти до желанного горизонта- это удел смелых и героев! Я иду, а вы со мной? В пути будет много неудач, а еще больше интересных встреч, аплодисментов, друзей и новых горизонтов. Не сдавайтесь, вы никогда не знаете , что будет за следующим поворотом.

Что может ожидать публика в Германии от тебя на фестивале 360°
Orient?
Я всегда отдаю себя работе, поэтому я отдам все, что привезу с собой. Все эмоции, все наработки , всю свою энергию. На свой страх и риск я привезу новую программу, надеюсь, она понравится публике. Если это будет так, то увезу я намного больше, чем привез.

Ты расскажешь нам о твоих планах на будущее?
Такой период сейчас в моей жизни, что долгосрочных проектов и планов я не строю, я упорно вгрызаюсь сейчас в текущие проекты и стараюсь делать все по максимуму здесь и сейчас. Возможно поиск новой философии и новый рубеж возраста, заставляет пересмотреть некие творческие и жизненные ценности. Пытаюсь себя проявить и как организатор. Хотя и провожу многие мероприятия, но новый проект летнего фестиваля Kiev Summer REST-N-FEST полностью поглощает. Хочется создать нечто новое и очень интересное. Пока наша команда увлеченно работает,а получится или нет- судить вам!

добро пожаловать на 360° Orient - www.360-orient.de 

Dienstag, 8. März 2016

Künstler - Zwischen Inszenierung und Persönlichkeit























Interview
mit Alexej Rjaboschapka

Delanna: Aleksej, Du hast mit 5 Jahren mit Tanzen angefangen, hast im Ensemble getanzt und an Meisterschaften Teil genommen.
Welche Tanzrichtungen gehören zu deinem Tanzlebenslauf

Aleksej:
Ein herzlichesHalloan alle! Der Anfang war gar nicht so schwer: Meine Mutter brachte mich in die Folklore-Tanzgruppe. Aber die Fortsetzung bzw. dran zu bleiben war um einiges schwieriger. Ich war niemals der Vorzeigetänzer aus der ersten Reihe und die Krisen-Momente mit dem Gedanken aufzuhören gab es oft, besonders im “schwierigen Alter.” Parallel zum Tanzen habe ich Leichtathletik gemacht, und das machte mir mehr Spaß als das Tanzen. Aber es ist so gekommen, wie es gekommen ist. Vielleicht gibt es ein Drehbuch von Oben, und zu sagen, dass ich etwas bereue, wäre gelogen. 

Sowjetisches System der außerschulischen Bildung hatte ein besonderes eigenes System. So gab es ein Pflichtprogramm für alle Ensembles und Gruppen unabhängig von Richtung. Das Programm beinhaltete klassisches Training an der Stange – Ballett (bisher erinnere ich mich daran wie an etwas Schreckliches ;)), zeitgenössische Choreographie, Grundlagen des Standard-Tanzes. Und Schwerpunkt meines Ensembles war Charakter- und Volkstanz.


Delanna: Mit Orientalischem Tanz hast du mit ungefähr 21 Jahren angefangen und es war eher „das muss ich können“ als die Liebe auf dem ersten Blick, die sich dann aber doch zu einer großen Liebe entwickelt hat. Wenn du in drei Worten den Orientalischen Tanz beschreiben würdest, welche wären es?
Aleksej: Wenn ich diese drei Begriffe zu Beginn wählen sollte, hätten sie sehr den folgenden Stereotypen entsprochen: Mystik, Erotik, Weiblichkeit...

Jetzt. Jetzt ist mein Blickwinkel weit entfernt von den naiven Vorstellungen über den Orientalischen Tanz und Kultur des Mittleren Ostens. … Ich denke, jetzt würde ich folgende drei Wörter wählen: Tiefe, Leichtigkeit, Weisheit.
Wahrscheinlich finde ich demnächst andere Inhalte. Ich bin im Lernprozess.


Delanna: Deine Auftritte versprühen Charisma, Witz und Scharm. Inwieweit ist es eine Darstellung? Oder lässt du deine Persönlichkeit auf der Bühne Preis?

Aleksej: Na toll, jetzt werden die Geheimnisse enthüllt :) 
Danke für´s Kompliment in Wertung meiner Auftritte. Im Leben bin ich viel ruhiger und durchsichtiger. Ich bin auf den ersten Blick auch kein Bühnen-Mensch. Introvertierte Person, die das ganze Leben lang Angst vor Publikum hat, bekommt die doppelte Dose angenehmen Adrenalins während des Auftritts – das ist über mich. Alles was ich auf der Bühne mache, bleibt auf der Bühne. Das ist wie das zweite Leben, die zweite Haut... Das ist wahnsinnig interessant und wäre aber zu viel für das alltägliche Leben. 



Delanna: Und damit gleich zur Frage aller Fragen. In wie weit ist ein Tänzer inszeniert? Setzt der Tänzer/ Künstler automatisch mit Kostüm auch eine Maske auf?
Aleksej: Selbstverständlich. Das ist ein Teil des Artistenberufs! Das ist sein Prinzip und die Basis! Und wenn du das meisterst, wenn du es schaffst dich in eine andere Gestalt, andere Gefühle und Rhythmus zu verwandeln, dann ist es die höchste Auszeichnung für dein Werk. Wenn wir auf der Bühne uns selbst darstellen, dann ist es eine Art Seelen-Striptease, und das führt wiederum dazu, dass der Tänzer zum Künstler seiner eigenen Gestalt wird, der Künstler und die Rolle werden eins. Ich denke, dass es auch nicht anders sein kann. Alles bleibt hinter der Bühne: Freude, Verzweiflung, Schmerz, Begeisterung... Du bringst auf die Bühne deine Darstellung, Emotionen der Musik, Inszenierung des Tanzes, Liebe zum Publikum und Furcht vor ihm. Sinn des Tanzes ist, dieses Publikum dazu zu bringen dir zu glauben, mit dir zu fühlen und deine Vision und Impression zu verstehen. Die Hauptaufgabe des Künstlers ist, nicht zu lügen, sondern das aufrichtig zu verinnerlichen, was er erschaffen hat, und zu schaffen, es an die Zuschauer rüber zu bringen... ihre Herzen zu erreichen.

Delanna: Beeinflusst die Persönlichkeit den Tanz oder der Tanz die Persönlichkeit?

Aleksej: Ich finde, das ist eine gelungene Symbiose... Sie bilden und ergänzen einander. In meinem Fall, und ich bin sehr ambitioniert, hat der Tanz mir geholfen mich selbst zu finden und an mich selbst zu glauben. Das hat seinerseits meine Auftritte und Workshops bestimmter und mutiger gemacht. Wenn man über die Beeinflussung der orientalischen Kultur spricht, dann ist es bei mir eher nicht so offen passiert. Ich habe angefangen das besser zu verstehen, mehr aber auch nicht. Ich bin eben kein Orientale :-) Aber wenn ich meine Schüler beobachte, dann kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass es in ihrem Leben gewisses Spiel um die Wette ist... Der Tanz hilft ihnen, ihre Weiblichkeit, Selbstvertrauen und Sexualität zu öffnen, was sicher Veränderungen in ihr Leben bringt. Und die neue veränderte Sicht aufs Leben macht ihren Tanz reicher, bewusster und intensiver. Und das wiederholt sich immer und immer wieder in einem gewissen Zyklus. Auf jeden Fall bedeutet die Tanzkultur strenge Disziplin und unstillbare Arbeit an sich selbst. Und so eine konsequente Arbeit kann nicht ohne Korrekturen für unser «ICH» bleiben.

Delanna: Ethan Hawke sagt, Erfolg definiert sich nicht durch das, was du erreicht hast, sondern was man für Hindernisse überwunden hat. Was war DEIN Hindernis auf dem Weg zum Erfolg?
Aleksej: Ich hoffe, dass mein Erfolg noch vor mir liegt. Inwiefern ich meinen Erfolg schätzen werde — das werden diese Hindernisse schon zeigen. Auf jeden Fall bin ich kein Fan von «EASY RIDE»


Delanna: Wie würdest du Erfolg definieren?
Aleksej: Erfolg eines Künstlers — das ist sein künstlerisches Glück. Wenn du es schaffst, das, was du persönlich empfindest, an andere weiter zu geben, dann wird es begehrt und verständlich. Die einen denken materialistisch, die anderen poetisch, aber für jeden Künstler ist die «Arbeit am Tisch» sein künstlerischer Tod. Deswegen ist Erfolg das eigentliche künstlerische Dasein, langes und glückliches, und für die ganz Großen sogar ewiges.

Delanna: Ergänze Tanzen ist.....
Aleksej: Leben. Hier kann man nicht anders antworten. Natürlich, für jeden mit einer anderen Motivation und Definition. Aber genau deswegen zieht mich der Tanz auch so an. Ich bin glücklich, weil ich zwei glückliche Leben gleichzeitig führen kann. Das ist wie Jackpot in der Lotterie :)))


Delanna: Was geht in dir vor, wenn du auf die Bühne gehst?
Aleksej: Hinter der Bühne – ein Zustand von Gedankenchaos und wahnsinniger Unruhe... Auf der Bühne löst sich das auf. Du gibst dich vollkommen dem Dialog mit dem Publikum hin. Und wie in jedem Dialog, hängt ein Gespräch von beiden Seiten ab. Neues Publikum – Neuer Gesprächspartner. Das ist ergreifend, interessant und jedes Mal anders.

Delanna: Ein motivierender Satz für alle träumenden und hart arbeitenden Tänzerinnen und Tänzer!
Aleksej: Umdrehen kann man immer, aber den gewünschten Horizont zu erreichen – das ist das Los der Mutigsten und der Helden! Ich gehe. Seid ihr mit mir? Auf dem Weg wird es einige Misserfolge geben, aber noch mehr interessante Treffen, Applause, Freunde und neue Horizonte. Gebt nicht auf! Man weiß nie, was hinter der nächsten Kurve ist.

Delanna: Was darf das Publikum in Deutschland bei 360' von dir erwarten?
Aleksej: Ich gebe mich immer vollkommen der Arbeit hin, deswegen gebe ich alles, was ich mitbringe. Alle Emotionen, alle neuen tänzerischen Arbeiten und die ganze Energie. Auf mein eigenes Risiko werde ich mein neues Programm mitbringen. Ich hoffe, es wird dem Publikum gefallen. Wenn es so sein wird, dann werde ich mehr mitnehmen als ich mitbringe.

Delanna: Verrätst du uns deine Pläne für die Zukunft?
Mein aktueller Lebensabschnitt sieht gerade so aus, dass ich keine langfristigen Projekte plane. Ich beiße mich zielstrebig in die vorhandenen Projekte rein und versuche mit maximalem Aufwand daran zu arbeiten. Jetzt und hier. Vielleicht die Suche nach der neuen Philosophie und die neue Altersstufe zwingen mich dazu, manche Kunst- und Lebenswerte zu überdenken. Ich versuche mich auch als Organisator. Und wenn ich auch schon mit der Organisation einiger Veranstaltungen Erfahrung habe, nimmt mich mein neues Projekt des Sommerfestivals «Kiev Summer REST-N-FEST» voll in Anspruch. Mein Ziel ist es etwas neues und sehr interessantes zu kreieren. Noch arbeitet unser Team da dran, ob es klappt oder nicht — entscheidet ihr!

Vielen Dank für das interessante und außergewöhnliche Gespräch! Bis bald in Deutschland bei 360° Orient

Du bist neugierig auf diesen Künstler? Erlebe Aleksej live im Unterricht und auf der Bühne bei 360° Orient. Alle Infos unter www.360-orient.de 


Freitag, 14. August 2015

Gedanken über Improvisation...

... aus einem der nächtlichen Gespräche mit Nadine während der Afrika Tage 2015 in Wien.

Im Bericht von Josephine Pfost über 360° Orient – Show las ich folgenden Satz, der mich noch lange beschäftigte, Ein kleiner Wehrmutstropfen ist, dass die Tänze choreografiert waren
Dazu kommt der (un)ausgesprochene Eindruck, dass Improvisation für die Qualität einer Tänzerin spricht. Man findet Improvisation in den Titeln von Tanzvideos, Improvisations-Workshops bis hin zu den Kriterien in den Wettbewerbsanforderungen.

Was ist mit mir? Ich tanze fast immer improvisiert für die „Laien“, sprich in Restaurants, Bars und Privatauftritten, aber immer seltener auf der Bühne. Warum eigentlich? Aus dem gleichen Grund, wie auch wahrscheinlich der Rest – Der Druck unserer Szene wird immer größer, die „Fehler“ unverzeihlicher, perfekt tanzende Konkurrenz immer härter.

Nadine arbeitet seit zwei Jahren in Hurgada und lebt den Traumberuf Tänzerin aus. Sie tanzt in der Woche (!) 15 bis 20 Shows... (am liebsten hätte ich alle ihre Geschichten aufgeschrieben)

Während den Gesprächen mit Nadine über meine Luxor Abenteuer und ihre Arbeit in Hurgada sind wir auf einen Gedanken gekommen. Der Begriff Improvisation hat in Deutschland/Europa eine verzerrte Bedeutung. Man hat hier quasi den Eindruck, die „Improvisation“ impliziert, dass die Tänzerin in der Lage sein muss auch ein unbekanntes Stück auf Anhieb tanzen zu können. Gut zu tanzen. Orientalisch.

Aber der Ursprung lehrt uns anderes. Was unter „Anhieb“ missverstanden wird ist im Mutterland des Orientalischen Tanzes im Blut und falls jemand jetzt lächelt und den Bericht schließen möchte, weil diese Erklärung zu einfach ist, nein, ich meine es tatsächlich ernst, beziehe es aber auf das aufwachsen in einem bestimmten Umfeld, unter bestimmten Voraussetzungen und Gewohnheiten. Demnach könnte Improvisation zuerst eine Lebenseinstellung und danach erst eine Tanzform sein... Um eine Wertung zu umgehen haben wir die Gedanken dazu in einer Gegenüberstellung sortiert. Nutzt es als Anstoß zur eigenen Schlussfolgerung.

Hintergrund::
Die ägyptischen Tänzerinnen wachsen mit den Liedern, die sie dann schließlich „improvisieren“ von Klein auf. Sie hören sie im Radio, TV, Konzerten, kennen, singen, pfeifen, summen, trommeln diese auf der Tischplatte... Mit aller Wahrscheinlichkeit tanzt keine Orientalin ein Lied, das sie nicht kennt.

Die europäischen Tänzerinnen lernen diese erst im Unterricht, Youtube, what ever, erst wenn die Zeit gekommen ist sie zu kennen, bemühen sich um die Übersetzung und sind mit einer großen Menge auf ein Mal konfrontiert und müssen auch ziemlich schnell so viele wie möglich auch drauf haben, um mit dem Tempo mithalten zu können. 

Häufigkeit der Übung
Die BERUFstänzerin in Ägypten tanzt JEDEN Tag, mehrmals. Und wohl, wie oft, immer das gleiche. Wie eng ist die Grenze zu einem Lied immer das gleiche mit minimalen Abweichungen zu tanzen und der Choreographie? Sie ist dem Druck einer Europäerin nicht ausgesetzt, das beste zu geben, sondern nur ihren Job gut zu machen. Das Publikum zu unterhalten. Und dafür braucht sie keine überkonstruierte Bewegungen und Bewegungsfolgen, sondern genügt mit einer guten und stabilen Basis. Bauchtanz ist einfach.

Wie oft tanzt eine Europäische Tänzerin auf der Bühne? Vier Mal im Monat?
Meinem Gefühl nach, definiert sich unsere Bühne eher als Bewerbungs- Behauptungsplattform als als Unterhaltungssaal. Wer den größten Eindruck auf der Bühne hinterlässt, wird anerkannt und darf evtl. im nächsten Workshop Gage bekommen. Das ganze wird dann unter dem Begriff „Kunst“ abgesprochen, weil Kunst ist ja nicht Geldbringend ist (oder im besten Falle erst nach dem Tod ;)). Das ist vielleicht ein anderes Thema, aber der Grundgedanke ist wir tanzen ZU selten (auf der Bühne) und wir arbeiten nicht auf der Bühne. 

Tanzen jeden Tag vor Publikum hat die positive Nebenwirkung, dass man sein Energielevel kennen lernt, seine Lieder, es kommt zu einer Routine und damit einer gewissen Entspanntheit, die wir so sehr an den Ägypterinnen bewundern. Heute nicht, morgen. Außerdem ist die ägyptische oder in Ägypten tanzende Tänzerin nicht der Situation und dem Druck ausgesetzt ein Stück einmalig (im besten Falle ein Paar Mal) tanzen zu dürfen, weil das nächste neue Video schon wieder auf Youtube gehört, um wiederum den Traum vom Tänzerinnenberuf näher zu kommen... oder ist es was anderes, was das Ziel ist?

Länge der Musik
Was für ein Druck habe ich, dass ich in 3:30 min (bis 5 min) mein bestes geben soll. Das Publikum wahrnehmen, Gefühle zu fühlen, reagieren, Musik hören, Nuancen raus hören.... Die Tänzern in Ägypten hat ein Abendprogramm, eine Band die sie kennt, und mit der sie kommunizieren kann, sie kenn die Musik wie ihre Garderobe und ist bereit jeder Zeit auf Veränderungen einzugehen oder zu verändern. Und ihr Repertoire dauert nicht unter 45 Minuten...

Die Tänzerin in Ägypten arbeitet. Und Arbeit heisst, wie hier auf den Afrika Tagen in Wien flexibel sein, sich an die Umstände anzupassen. Dabei komme ich zu einem sehr wichtigen Punkt

Glamour-SPA-Einstellung
Die Berufstänzerin ist nicht verwöhnt!!! Tanzteppich? Klimaanlage? Backstage Koordination? Perfekter Sound? Licht? Background? Spaß? Zeit für Backstage Selfies?

Sahra Saeeda ordnet bei JtE 1 die Tanzsituation in Tische ein, von Homestyle bis zum Stage-Bellydance.
Unsere Gegenüberstellung ist uns nicht gelungen, weil wir keine Bühne und kein Theater in Ägypten für Bauchtanz finden, wie wir es in Europa haben. Er gehört da einfach nicht hin. Das ist reine europäische Erfindung. Sowie die Glamour Camps, Festivals, kostenloses Tanzen bei dir oder bei mir, Fusion im Orientalischen Tanz, Ausbildungen, Wettbewerbe etc....

Aber die Sehnsucht nach Improvisation bleibt.... Ist sie aber mit der Bühnenwelt vereinbar?

Mein Lieblingsspruch von Nadine ist „So schön Tanzen auch ist, aber wir machen nichts wichtiges... Weder retten wir leben, noch verändern wir die Gesellschaft zum besten“ und ich ergänze es damit, dass die wenigsten von uns überhaupt als Tänzerin arbeiten.



Also entspannt euch! Bleibt auf dem Boden der Tatsachen,
auf dem es definitiv nicht genug Glitter gibt....

Mittwoch, 5. August 2015

Meine Reise durch Ägypten mit Sahra Seeda Februar 2015 (JtE 3 & 4)


Was weiß ich über den Tanz, den ich tanze? Was weiß ich über seinen Ursprung und Hintergründe? Was Bedeuten überhaupt Hintergrund über den alle reden?
Bevor ich mich für das JtE Projekt von Sahra Saeeda angemeldet hatte, war die Antwort auf diese Fragen, ziemlich viel, aber unstrukturiert. Das Wissen bestand aus gelesenen, gehörten, ausgedachten und gesammelten aus verschiedenen Quellen, manchmal ohne Quellenangaben.

Während JtE 1& 2 brachte uns Sahra durch eine gekonnte Mischung aus selbsterlebten Geschichten, Fakten, Fragen und anschaulichen Material, Ägypten, seine Wüsten, geographische und tänzerische Regionen nahe. Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Schon da wurden meine Augen immer großer und ich verstand, dass die eine Hälfte meines Wissens-Puzzles unsinnig ist. Ich fühlte mich wie ein kleines Mädchen, dem man einen Blumengarten zeigt, nach dem ich jahrelang mit Wildblumen gelebt habe... Beides schön, aber anders. Und was war mit der anderen Puzzle Hälfte? Yes! Die andere bekam immer mehr Sinn, die kleinen Teilchen passten sich an und ergaben ein viel deutlicheres Bild als vorher... Der ganz normale Tanzraum verschwand, wir hörten die Straßen, spurten die Wärme und die Momente der Gänsehaut häuften sich. Ägypten kam immer näher...

Was im 1&2 gelernt und gehört wurde, soll in 3 & 4 gesehen und erlebt werden.

Um 23 Uhr holte ich meinen Koffer aus dem quitschenden Auto. Nahm ein Paar weitere Menschen neben mir war und war ansonsten Hundemüde von der langen Hinreise. Sahra, der erste bekannte Mensch seit Stunden mit ihrer warmen Ausstrahlung, langsamen Gang und einer wissen-teilen-wollenden Seele, gab mir Zeichen zum Folgen... Ein kühler Treppenhaus, unebene mit Stuck bearbeitete Wände im Sandton und Stufen, Stufen, Stufen... Kampf mit der Müdigkeit wurde immer schwerer. Als wir plötzlich auf der Terrasse standen und mir sich die Pyramiden-Landschaft eröffnete... quitschte ich… und hüpfte. Müdigkeit war fort. Beleuchteten, stolzen und monumentalen Pyramiden, warme Luft und eine leichte Briese. Wahnsinnig schön! Ich war da, im Märchen Namens Ägypten.

Ein Märchen also. Nun gut. Das Märchen hatte die nötige Ausstattung, kannte keinen europäischen Standard und bei weitem keine Luxus... Zu unserem Pech (oder Glück?) erwischten wir DEN Sandsturm und all seine Nebenwirkungen. Sand war überall. Automatisch rutschten unsere Schals vom Hals auf Kopf und nur die Augen waren manchmal zu sehen. Noch Tagelang nach dem Sturm fand ich welchen in den Socken und anderen Anziehsachen, Schminke, Cremen, ich hatte das Gefühl das der Kampf mit dem Sand zur meiner Lebensaufgabe wurde und das Aufgeben oder das Abfinden nicht in Frage kam... Nur der Frühstück machte meinem Sandkummer und kurze Nächte wieder gut. Die Töchter des Hausbesitzers bereiteten liebevoll den Frühstückstisch mit all den typischen Gerichten Full, Eier, Käse, Halwa, und für jeden von uns einzeln Kaffee oder Tee, so dass nach zwei Tagen die Mädels sowohl unsere Namen als auch unsere Getränkegewohnheiten kannten... Ihre zerstreuten Haare am morgen und die Pulis just über den Schlafanzug ließen mich jeden Morgen sich wie Zuhause fühlen. Meine Neugierde nach der Art und Weise des Schminkens wurde bald mit einfachen Tipps beschert und mit neuem Augen-Look ging es los in das von Sahra entwickelte Entdeckungs-Programm.

Und zu entdecken gab es verdammt viel... Während unseren „Balady Walk“ durch Mohamed Ali Street ließen sich die Familie nicht von ihrer Arbeit abhalten. An einer Ecke wurden die Oud´s gemacht, an der anderen die Trommeln bezogen. Ein älterer Mann direkt neben einem Jungen... an einem kleinen Laden blieben wir etwas länger stehen – Henkesh´s Brothers. Später im Caffe zeigte Sayyid Henkesh uns die verblichen schwarz-weiß Fotos im Jungen Alter neben berühmten Tänzerinnen. Ungezwungen tauchte mir ein Bild vor Augen von den ein Paar „berühmten“ Trommlern unserer Zeit, die Protzigen Profifotos mit engen Shirts und kreischende Likes von den weiblichen Fans. Ich versuchte diese Gedanke und ähnliche, wie später noch so oft, wie nervige Fliegen abzuwedeln und mich wieder auf die Erzählung zu konzentrieren. Wir rauchten Shisha, er Zigaretten, erzähle weiterhin witzige Geschichten, rauchte noch mehr und genoss unsere ruhige und gebannte Aufmerksamkeit. Sein Blick war fest, erdig, real... Die Namen von großen Tänzerinnen aus den schwarz-weiß Filmen fielen, wie die Namen der Nachbarinnen. Das alles fühlt sich so nah und greifbar an. Ohne einen Schleier von zu viel, zu laut und zu gut und zu weit.

Bab Zuweila und die Mosche waren der architektonischer Genuss und Kontrast zu den den normalen Häusern, unglaubliche Sicht auf die Dächer von Kairo, dem blauen Himmel und gebannte Stille in der Mösche, neben einer der lautesten Strasse.
Um Kolthum Museum leuchtet mit nicht zu versteckenden Stolz...

„die Jahre vergingen, und obwohl sie nicht zahlreich genug waren, um eine solche Veränderung zu rechtfertigen, reichten sie aus, um Spuren zu hinterlassen. [...] Unten im Kaffeehaus ertönte der Ruf des Kellners, und wie ein Echo hallte seine Stimme in dem stillen Zimmer wider. [...] Nichts liebte sie mehr als diese Gasse, die die ganze Nacht hindurch ihr Herz berührte; sie war ihr eine Freundin, auch wenn diese sich nicht darum kümmerte, dass ein liebendes Herz hinter dem Erkerflügel schlug. Die Wahrzeichen der Gasse füllten ihre Seele aus, und die nächtlichen Geräusche glichen Wesen, die in ihren Ohren hausten.“ (Nagib Machfus „Palast der Sehnsucht“, S. 7-8)

Je mehr wir in die Gassen von Kairo eintauchen, desto mehr Auszüge kamen wie kleine Erinnerungsfetzen aus den Büchern von Nagib Machfus wieder und die Orte in seinen Erzählungen bekamen Forme, Geräusche, Farben und Gerüche...



Es wurde schnell dunkel... Die Abendveranstaltung verdrehten uns regelrechten den Kopf. Tannoura Show, Zaar- oder Saidi-Konzert. Es war ein Erlebnis der Musik so nah zu sein, seine ganze Energie mit zu bekommen, die Verbindung zwischen dem Musiker und dem Instrument, die Virtuosität, und als die ganz große Bereicherung einfach die verschiedene Intensität und Wirkungen der jeweiligen Instrumente und Stile auf mich als Mensch und Tänzerin. Den Größten Eindruck hat Mizmar bei mir hinterlassen (nie wieder mache ich über dieses aus dem CD Plyer ziemlich noisig wirkenden Instrument einen Scherz) ab jetzt ist es für mich der Haschisch des Orients...


Khan Kahlili, Geschichten, Eindrücke, eine Hochzeit, europäische und ägyptische Tänzerinnen, Locations der verschiedenen Klassen... Menschen, Männer, Blicke, Sprüche...

Nach JtE-3 (8 Tage in Kairo) wollte ich nur noch nach Hause... Ich war überfüllt. Es waren einerseits die Fakten und Informationen aus den Museen und Führungen, die sich auf das chaotische Alltagsleben von Khankhalili bis über das Taxifahren trafen, die Menschen und ihre Geschichten, und auf der anderer Seite die kunstvollen und berauschenden Abende. Bei mir war das ein KUNST – ALLTAG – TRADITION – MENTALITÄT – WIDERSPRUCH UND vielleicht sogar WIDERSTAND.


Doch wer Sahra kennt, weiß diese Frau macht alles mit einem Sinn... Nach Kairo brachte uns der Nachtzug ins JtE 4 und damit direkt nach Luxor. DAS Gegenteil von chaotischen und dreckigen Kairo. Ein ruhiges, schöner Ort, super Hotel und warmes Wasser in der Dusche. Haltet mich nicht für Verwöhnt. Ich habe schon einiges in meinem Leben erlebt und die k(l)ein-Stern-Verhältnisse sind kein Problem. Aber bei dieser Reise lernte ich dass die Lebensverhältnisse und Begebenheiten noch verschiedene Unter-Dimensionen und Levels haben und diese lernte ich an eigenen Haut kennen und aus heutiger Sicht würde ich alles wieder genauso erleben wollen!


Zurück zum Thema. In Luxor eröffneten sich uns die Tempel-Landschaften, wir hatten eine großartigen und leidenschaftlichen Guide, der uns die Geschichte und Geschichten nah legte und wir bereit waren stunden lang zuzuhören. Doch Nachmittags erwarteten uns schon die Meister ihrer Kunst... Und damit rutschen die meisten Masterteacher der Festivals etwas runter (mit der größten Entschuldigung!). Aber eine Khyriya Mazin oder der Tahtib-Meister bei denen wir die Ehre hatten Unterricht zu haben. Diese Lehrer nicht in einem Trainingssaal mit Spiegel und Tanzsaal-Atmosphäre und überhöhte Gage zu erleben, sondern in deren Umfeld, ist was ganz, ganz anderes. Eine weitere Lektion „Bist du ein Gast und Schüler oder ist der Lehrer ein Gast und Schüler?“. Die Erfahrung, die unbezahlbar ist...

Die Abende drehten sich wieder! Tanz, Gesang, Musik... Was mache ich bloss in Deutschland jetzt ohne Live Musik? Und wie bewahre ich dieses Gefühl für längere Zeit auf, was ich hier als Geschenk bekommen habe?
Der Tanz, den wir sahen und den Sahra uns zu verstehen und einzuordnen half, findet man weder auf Youtube noch auf facebook... Die Momente an diesen Abend waren die schönsten in meinem eigenen Tanzleben und ich merke, dass ich emotional werde und muss wieder zum Thema zurück...
Papalapap...





Von Luxor ging es weiter nach Assouan, die Perle in Ägypten würde ich jetzt sagen. Wenn der Weg in Kairoer Taxis mit Shaaby Musik begleitet wurde, eröffneten sich die Prominaden von Assuan zu Mohamed Muniers Liedern. Die Begegnung mit und in dem Nubischen Kulturzentrum, nubischen Dorf, nubischen Familie, die Gespräche mit ihnen und im Abschluss die Party war ein weiterer Kapitel auf dieser Reise. Ein Volksstamm mit ganz eigenen Geschichte, Tradition, Tanz und sogar Architektur. Faszination für immer... „Nuba...Nuba...“ geht unsere Graduations-Tanz bzw. das Lied mir nicht mehr aus dem Kopf. Nubischer Tanzunterricht mit Live-Gesang und Trommel.. Ein Erlebnis der besonderer Art und mein Herz schlägt noch viel mehr für die Folklore. Zum Thema Herzschlag war die Entdeckung des Dankenszeichen am Dam für die Ägyptisch-Sowietische Zusammenarbeit ein kleines Geschenk für mich. Stolz.


Das Sonnenwunder des Jahres im Abu Simbel hat mich nicht so umgehauen... Stundenlanges in der Menschenmenge zu stehen, Bedrängnis, Schubsen um eine Sekunde etwas zu sehen, was man hinterher auf youtube noch mal nachschaut und zu erkennen was man eigentlich zu sehen bekommen hat gehört in die Kategorie „nice... Häckchen“. Der Tempel selbst ist wunderschön und wird bei mir immer in Erinnerung unter Spruch meiner neuen arabischen und sehr romantischen Freundin bleiben „kannst Du Dir vorstellen das hat er für seine Frau gebaut! Hat Dein Mann schon Mal ein Tempel gebaut?!“. Tja andere Zeiten, andere Sitten...


Je länger ich in Ägypten war, desto entspannter wurde ich, nahm die etwas seltsame 24-Stunden-Verkauf-Flirt-Angewohnheit der Ägypter nicht mehr so schräg wahr, lernte die Geräusche von Gesprächen, Gestank von Gerüchen und Staub von Schönheit besser zu unterscheiden. Je mehr ich mich dem Ägypten näherte, desto mehr näherte sich auch der Abschied.

Über drei Stunden Fahrt zurück zu Assuan wurden wir durch die Stimme von Um Kolthum begleitet. Immer wieder stimmte unser Fahrer mit ein und gestikulierte emotional in der Luft. Fang sich wieder. Und huschte mit Blick in den Spiegel auf uns. Eine besondere Frau, Künstlerin... Mein Best of Um Kolthum - Box aus dem Museum beinhaltet 20 CD´s jede CD ein Lied... Ein Lied geht über 58 Minuten...

und wieder der Nachtzug... Der Nubische Lehrer kam um uns zu verabschieden und mit ganzer Leichtigkeit seiner Art machte er uns den Abschied (im Grunde von der ganzen Reise) etwas schöner mit Scherz und Tanz. Oh ja, fast 20 Leute stampften und klatschten und sangen im Zug „Nuba... Nuba...!“. In Luxor machte der Zug kurzen Halt und unserer Helfer aus Luxor begleitet von Saidi-Mizmar Spieler kamen um uns gute Reise zu wünschen und versüssten diese mit Baklava... Herzlichkeit auf die einfachste Art und Weise. Leicht, süss, bekömmlich...

Als der Schaffner die Endstation – Kairo ausrief, überkam mich schon etwas Panik vor Kairo. Doch nach den 10 Tagen „sacken lassen“ war alles nicht so schlimm. Der Sandsturm hatte sich gelegt und auch meine aufbrausende Emotionen. Hier etwas Distanz, dort etwas Verständnis und Akzeptanz...

Nach 21 Tage Jeans und unaffälligen Klamotten, freute ich mich auf die „normale“ Kleidung und roten Lippenschtifft. Während ich Ägypten kennen lernte, lernte ich auch mich ein Stück weit mehr kennen und meine Gewohnheiten. Manche von denen haben sich geändert, die anderen gefestigt. Nur die Einstellung zu Ägypten, Tanz das wird nie wieder so sein wie vorher... „Complecated“ steht auf JtE-Shirts. Oh ja, es ist kompliziert...



Lust auf JtE 1&2? Nutze die einmalige Chance mehr zu erfahren! Über den Tellerrand hinaus zu schauen! Hab Mut eine andere Perspektive kennen zu lernen!
Sei dabei 22.-24. April 2016 JtE 1 und 25.-28. April 2016 JtE2 in Osnabrück.
Alle Infos unter www.oriental-art.de

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Mehr über JtE http://journeythroughegypt.com/